Im Interview erklären Im Projekt Gemeinsam für Europa engagieren sich Schüler und Lehrer gemeinsam.
Foto: DKJS/Petra Huber

Die Jugendlichen am Albert-Einstein-Gymnasium gestalten Europabildung an ihrer Schule aktiv mit. Lehrer Kai Küchler und Schülerin Elena Konz erzählen von der Entstehung und den Zukunftsplänen ihres Projekts.

Es ist der 8. Mai 2019 und in der Bibliothek der Schule findet der Thementag Europa statt. Eingeladen sind die Sechstklässler der Schüler, die an diesem Tag spielerisch mehr über Europa erfahren. Statt Frontalunterricht gibt es bei dem von OPENION geförderten Projekt „Gemeinsam für Europa“ mehrere Lernstationen, es wird gepuzzelt, gehüpft und vor allem geredet. Eine AG hat den Tag inhaltlich und organisatorisch vorbereitet – unterstützt von dem Lehrer Kai Küchler, der Geschichte, Französisch und Spanisch unterrichtet. Elena Konz, die sich als Schülerin bei der AG sehr engagiert hat, und er erzählen von dem Projekt, das über mehrere Monate vorbereitet wurde.

Aus welchem Land kommt der Erfinder der Legosteine? Was ist die Hauptstadt der Mode? In der Schulbibliothek des Albert-Einstein-Gymnasiums in Frankenthal sitzen acht Schülerinnen und Schüler um einen Tisch und diskutieren über die richtige Antwort. An der nächsten Station gleich daneben macht eine andere Gruppe ein Puzzle um herauszufinden, in welchen Ländern verschiedene Städte liegen.

Draußen vor dem Eingang findet ein Hüpfspiel statt, in jedem Kästchen der Name eines Landes. Welches gehört zur Europäischen Union (EU), welches nicht? Gut zu wissen, denn nur die Kästchen der EU-Mitgliedsstaaten dürfen betreten werden.

Monatelange Vorbereitungen für das Projekt „Gemeinsam für Europa“

„Angefangen hat alles mit einem Aushang nach den letzten Sommerferien, in dem ich für die neue AG geworben habe“, erzählt Kai Küchler, der sich bereits seit längerem für europäische Themen engagiert. In diesem Jahr finden im Albert-Einstein-Gymnasium – unterstützt von der Schulleitung – erstmals mehrere Projekte statt, die sich mit Europa befassen: ein Studientag für die Lehrer zum Thema Europa, das Sportfest unter diesem Motto und nächstes Schuljahr auch die Projekttage.

„Als Geschichtslehrer ist es mir wichtig, die Schülerinnen und Schüler mit der europäischen Idee vertraut zu machen, die sich auf den Trümmern von zwei Weltkriegen entwickelte und heute aktueller ist denn je“, so Küchler.

Wichtige Denkanstöße für den Thementag bekam er von OPENION während der Teilnahme an einem Netzwerktreffen. „Hier habe ich Basisinformationen erhalten, zum Beispiel über die finanzielle Förderung, die Funktion von Prozessmoderatoren und vieles mehr“, berichtet er. Zugleich lernte er Projektideen anderer Schulen kennen. Bei allen administrativen Angelegenheiten unterstützte Lena Ziegenhagen aus dem Servicebüro Köln/Frankfurt sehr engagiert die AG. Sie prüfte unter anderem den ersten Vorschlag auf Herz und Nieren, führte das Zwischenstandsgespräch und stand während der ganzen Vorbereitung mit Rat und Tat zur Seite.

Ursprüngliche plante er, die AG auf Schüler bis Klasse 12 zu beschränken – wäre da nicht seine damalige Schülerin Elena Konz gewesen, die bei dem Projekt unbedingt mitmachen wollte und drei weitere 13-Klässlern für das Projekt begeisterte. Elena Konz wiederum wollte unbedingt bei der AG mitmachen, um noch mehr über Europa und die EU zu erfahren:

„In der Mittel- und Oberstufe behandeln wir zwar die EU, aber das Thema nimmt keinen sehr großen Raum im Unterricht ein. Und mir ist Europa, also die Europäische Union wichtig, allein schon wegen der Reisefreiheit. Für unsere Generation ist das selbstverständlich – doch mit dem Brexit haben wir gesehen, dass es nicht selbstverständlich ist.“

Insgesamt 11 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 bis 13 fanden schließlich in der AG zusammen.

Schritt für Schritt zu einer nachhaltigen Konzeption des Thementages

„Zunächst haben wir überlegt, wie ein Thementag über Europa aussehen könnte. Bei diesem Brainstorming war alles erlaubt und viele gute Ideen kamen zusammen“, erinnert sich Elena Konz. „Stimmt, eine große Projektion an der Fassade der Schule zum Beispiel“, erinnert sich Kai Küchler.

Der nächste Schritt fand in den Ferien statt, und zwar im Herbst 2018. An einem der freien Tage setzten sich die Schülerinnen und Schüler der AG - wie von OPENION angeregt - mit einer Prozessmoderatorin zusammen. Sie unterstützte dabei, die Ideen zu sichten, kritisch zu reflektieren und in eine konkrete Planung zu überführen. Den roten Faden für die Auswahl bildeten smarte Ziele, sprich: Der Europa-Tag sollte spezifisch, messbar, aktionsorientiert, realistisch und terminiert sein. Ebenfalls wichtig: die Nachhaltigkeit, um sicherzustellen, dass gleiche oder ähnliche Projekttage auch in Zukunft an der Schule stattfinden könnten. Nach der Prozessmoderation war klar: Es würde einen Thementag für die jüngeren Schüler geben sowie ein Planspiel für die Klassen 11 bis 13.

Die Schülerinnen und Schüler entscheiden, die Erwachsenen begleiten

Über die Ausgestaltung des Thementages entschieden die Mitglieder der AG, also die Schülerinnen und Schüler.

„Als Pädagogen haben wir die Aufgabe, junge Menschen auf dem Weg zu mündigen Bürgern zu begleiten. Das gelingt nur, indem wir Wissen erlebbar machen und unsere Schüler ermächtigen, Entscheidungen zu treffen und sie in die Tat umzusetzen. So prägt sich Wissen nachhaltig ein und kann von den Beteiligten an andere Schüler authentisch weitergegeben werden“, erläutert Kai Küchler.

Zu diesen praxisbezogenen Erlebnissen des Projektes gehörte neben der Prozessmoderation als besonderes Highlight der AG-Teilnehmerinnen und –Teilnehmer das Gespräch mit Birgit Collin-Langen, die seit 2012 Mitglied des Europäischen Parlaments ist.

„Sie hat uns sehr offen über ihren Alltag als EU-Abgeordnete in Brüssel und Straßburg erzählt, über Frauen in der Politik und über die Arbeit in den Fraktionen. Außerdem konnte sie uns an konkreten Beispielen ihre Wahrnehmung des Zusammenspiels der nationalen Parlamente und der EU beschreiben“, erinnert sich Elena Konz.

Der Europatag-Pass: Wissensquiz für mehr als nur einen Thementag

Im Nachgang zur Prozessmoderation entwickelte die AG den Europa-Pass, ein Wissensquiz für die 6. Klassen des Gymnasiums, von denen letztlich 140 Schülerinnen und Schüler am Thementag teilnahmen. An sechs Stationen konnten die Sechstklässler in kleinen Teams ihr Wissen über Europa austauschen und so von anderen lernen. Die Mitglieder der AG und Kai Küchler, die den Tag begleiteten, gaben allenfalls Tipps, um die Kinder auf die richtige Spur zu bringen. Am Ende durfte jede Gruppe den Tag bewerten: mit einem Klebepunkt, ob es gefiel oder nicht, und mit persönlichen Kommentaren zum Tag. Sowohl die Mitglieder der AG als auch die Sechstklässler, die am Thementag teilnahmen, waren zum Beispiel überrascht, wieviel Einfluss die EU auf ihr Leben hat.

Was speziell die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der AG bei dem Projekt gelernt haben, ist nach einhelliger Meinung von Kai Küchler und Elena Konz die Planung eines größeren Projektes.

„Wie geht man vor? Wo setzt man Meilensteine und welche – dieses Wissen können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der AG auch in Zukunft anwenden“, so die Auffassung von Kai Küchler.

Die Schulglocke läutet. Die letzten Sechstklässler gehen zur Pinnwand, um ein Feedback zum Thementag zu geben. War es das mit Europa für dieses Schuljahr? Kai Küchler gibt Entwarnung: Bereits in zwei Wochen findet die sogenannte Juniorwahl im Albert-Einstein-Gymnasium statt, in der die Schülerinnen und Schüler den Urnengang für die Europawahl am 26. Mai simulieren. Und am 21. Mai erhalten AG und Schule eine Auszeichnung für ihr Konzept des Thementages – hier sind sie mit ihrem Europatag-Pass tatsächlich Landessieger geworden.

 

Text: Petra Huber