Demokratiebildung ist das Gebot der Stunde, der Ruf danach aber schon viel länger laut. Und dennoch leider reichlich spät, findet Dr. Helle Becker, Leiterin der Transferstelle Politische Bildung. Die Möglichkeiten der Unterstützung für Schulen und außerschulische Bildungsträger bei der Umsetzung zeitgemäßer Demokratiebildung sind trotzdem zahlreich und vielfältig – und gerade durch die aktuelle gesellschaftspolitischen Brisanz erfahren Lehrkräfte, Pädagoginnen und Pädagogen, Engagierte und Interessierte momentan viel Rückenwind bei ihrem Einsatz im Rahmen politischer Jugendbildung. Hier gilt es nun, das volle Potential aus diesen Möglichkeiten zu erkennen und zu schöpfen, die richtige Zielstellung sei dabei nicht unerheblich. Denn es macht einen Unterschied, ob man demokratische Bildung als Vermittlung demokratischer Vorstellungen und Werte versteht oder als anwaltschaftliche Unterstützung zur aktiven politischen Entwicklung von jungen Menschen.
In ihrer Keynote auf der OPENION-Auftaktveranstaltung in Soest vom 5. September 2018 gibt Dr. Helle Becker einen Einblick in die aktuellen Herausforderungen der Demokratiebildung und zeigt auf, welche vielfältigen Angebote zur Förderung und Unterstützung es gibt. Sie merkt an, dass häufig diejenigen außerschulischen Partner für eine Zusammenarbeit attraktiv sind, die anschlussfähig an Curricula sind und Schulen bei sozialen Problemen helfen (wie z. B. Mobbing, Ausgrenzung, Gewalt, Rassismus, Islamfeindlichkeit, Antisemitismus). Sie kritisiert, dass Entscheidungen zur Schwerpunktsetzung und der konkreten Auswahl der Kooperationspartner in Verbindung mit politischen Fragestellungen häufig auch aufgrund der Sprengkraft, die sie innerhalb und außerhalb der Schule entwickeln können, getroffen werden. „Seien Sie weniger zaghaft und mehr politisch“ fordert Becker auf. Dazu gehöre auch das (Re-)Politisieren von Begriffen: echte Partizipation und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen endet nicht bei der demokratischen Umgestaltung des Schulhofes.
Zeitgemäße Demokratiebildung ist mehr als Wissensvermittlung. Sie ist und sollte immer anwaltschaftlich sein. Sie schaut auf die Interessen der jungen Menschen und wird nicht an Lernzielen ausgerichtet, sie ist prozessorientiert. Das Ende bleibt also erstmal offen, denn es wird erst durch die Beteiligten, die Kinder und Jugendlichen, selbst gestaltet. Hierfür ist die Kooperation zwischen Schulen und außerschulischen Partnern unabdingbar.