Das Brettspiel Legislativity vermittelt auf spielerische Art den Prozess der Gesetzgebung in der EU
Foto: Europa Zentrum Baden-Württemberg

Florian Setzen vom Europa Zentrum berichtet, wie ein Würfel- und Strategiespiel die Arbeit in einem Demokratieprojekt bereichert.

Um Europaskepsis entgegenzuwirken, bedarf es eines besseren Kennenlernens und Verstehens der EU. Im Interview erläutert Florian Setzen, Direktor am Europa Zentrum Baden-Württemberg und außerschulischer Partner eines OPENION-Projektverbunds in Stuttgart, wie etwa das Spiel „Legislativity“ als Methode eingesetzt werden kann, um Kindern und Jugendlichen die EU-Gesetzgebung spielend zu vermitteln.

OPENION:

Wie kann man Europaskepsis entgegenwirken?

Florian Setzen:

„Europaskepsis“ ist ein Sammelbegriff für Unbehagen, das sich zum einen auf das bezieht, was EU-Institutionen leisten bzw. nicht leisten, was EU-Staaten auf EU-Ebene verhandeln (z.T. ohne Beschlüsse fassen zu können) sowie auf EU-Entscheidungsprozesse bzw. das EU-System ganz allgemein. Zum Teil bezieht sich das Unbehagen auch (nur) auf einzelne Entscheidungen und oder Gesetze (Richtlinien/Verordnungen) der EU – Stichwort „Gurkenkrümmungsverordnung“.

Diese Skepsis lässt sich oft durch bessere Information auflösen. Dass z.B. die Handlungsunfähigkeit der EU in den Bereichen Sicherheit oder Außenpolitik an den Blockademöglichkeiten der EU-Mitgliedstaaten liegt und nicht an der Unwilligkeit oder Unfähigkeit einer oder mehrerer EU-Institutionen, wissen viele nicht. Und dass sich durch ein besseres Kennenlernen des EU-Gesetzgebungsprozesses auch die Einsicht verstärkt, dass dieser Prozess ein eigentlich sehr demokratischer, fairer und durchaus transparenter Prozess ist (noch dazu auf 24 Sprachen nachvollziehbar) verringert die Europaskepsis ebenfalls.

Letzteres, nämlich den EU-Gesetzgebungsprozess auch für junge Leute nachvollziehbar zu machen, noch dazu auf spielerische Art und Weise, in relativ kurzer Zeit, ist das Anliegen des OPENION-Projekts „Mit ‚Legislativity‘ die Demokratiebildung in der Schule optimieren“.

Das Spiel Legislativity, ein Brettspiel, basiert auf einer simplen Spielidee: Man muss es schaffen, seine Gesetzesidee durch Brüssel durch Kommission, Europäisches Parlament und den EU-Ministerrat zu bringen, Mehrheiten zu sammeln, um dann fertiges Gesetz zu werden. Dabei lauern Lobbyisten, Fettnäpfchen der Medien, unvorhersehbare Ereignisse und sogar die belgischen Frittenbuden mit leckeren Pommes können ablenken...

OPENION:

Was tut das Europa Zentrum Baden-Württemberg gegen Europaskepsis?

Florian Setzen:

Neben dem oben beschriebenen OPENION-Projekt „Mit ‚Legislativity‘ die Demokratiebildung in der Schule optimieren“ kämpft das Europa Zentrum Baden-Württemberg auch auf vielfältige andere Weise gegen unbegründete Europa-Skepsis an.

Es organisiert Studienfahrten nach Brüssel, Straßburg, Luxemburg und Frankfurt zu den EU-Institutionen, es veranstaltet Seminare, Podiumsdiskussion, Marktplatzaktionen, Fortbildungen und internationale Projekte der europapolitischen Bildung und es betreibt ein Europe Direct Informationszentrum in Stuttgart, das auch einzelne Bürgeranfragen beantwortet.

Es bietet bei unterschiedlichen Projekten der europapolitischen Bildung seine Kooperationsbereitschaft an und versucht immer wieder, neue Methoden und didaktische Konzepte bei der Europa-Vermittlung zu entwickeln – so wie bei „Legislativity – Das Spiel zur EU-Gesetzgebung“, von dem im Mai 2019 bereits das 1.000 Exemplar an eine Schule abgegeben werden konnte.

Das Europa Zentrum fungiert auch als baden-württembergische Koordinationsstelle für den ältesten, renommiertesten Schülerwettbewerb in Deutschland, nämlich den Europäischen Wettbewerb, bei dem allein aus Baden-Württemberg jährlich rund 20.000 Schülerinnen und Schüler teilnehmen und ihre Arbeiten zu altersgerechten Europa-Themen einsenden.

OPENION:

Mein guter Grund für Europa ist…

Florian Setzen:

Mein guter Grund für Europa (sprich: für die EU als Einrichtung der internationalen Zusammenarbeit in Europa) ist der, dass es bis jetzt kein besser funktionierendes Modell der europäischen Kooperation gibt, auf das sich alle einigen können oder wollen, weil es mehr als 70 Jahre Frieden gebracht hat, weil es für sehr viele Nichteuropäer immer noch als Erfolgsmodell und Vorbild für ein zwischenstaatliches Zusammenschließen gilt, und weil es oft sehr viel besser ist als sein Ruf – an muss es nur verstehen und sich daran beteiligen wollen.